
Die Wiesbachbäuerin Maria Kronreif verzwirbelt mit ihrem Spinnrad weiches Vlies zu feiner Wolle. Daraus stricken ihre Freundinnen Socken, Fäustlinge und Hauben.
Wenn vor 100 Jahren in den Wintermonaten die Feldarbeit ruhte und es schon früh dunkel wurde, der Wind um die Häuser tobte und Schnee die Erde bedeckte, wartete in den warmen Stuben all die Arbeit, für die im Sommer keine Zeit geblieben war. Da reparierten Männer ihr Werkzeug und Frauen spannen Vlies zu Garn. Auch Maria Kronreifs Mutter und Großmutter saßen mit nimmermüden Händen am Spinnrad, wann immer sie dazu Zeit hatten. Aus der Wolle strickten sie für die ganze Familie wärmende Socken, Fäustlinge und Hauben.
Die Kunst des Spinnens hat Maria Kronreif bereits in ihrer Kindheit von ihrer Mutter gelernt. Da das Mädchen sehr fleißig und geschickt war, bekam es schon bald nach der Hochzeit von seiner Mutter das hölzerne Spinnrad geschenkt. „Ich habe sechs Kinder. Als sie klein waren, hatte ich keine Zeit zum Spinnen“, erinnert sich die Wiesbachbäuerin. Seit sie in Pension ist, schnurrt das Spinnrad regelmäßig in der warmen Stube oder auch im Freien. Bei der konzentrierten Arbeit vergisst sie den Alltag. „Ich spinne, sooft es geht“, sagt sie mit strahlenden Augen. Dann wendet sich die Abtenauerin wieder ihrer Arbeit zu.
Mit ihrem Fuß tritt die über 70 Jahre alte Bäuerin das Pedal des Rades in gleichmäßigem Tempo. Es surrt leise und wie am Schnürchen. In der rechten Hand hält sie die Fasern der Rohwolle. Während sie das Rad in Bewegung hält, zieht die Spinnerin die Rohwolle mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand leicht auseinander. Dann dreht oder zwirbelt sie diese und verbindet sie mit dem Faden auf der Spule, auf der sich ein Fadenhäufchen aus fein gesponnenem Garn bildet. Dann stoppt Kronreif kurz, legt den Faden um und tritt wieder rhythmisch das Pedal. Bald ist die Spindel voll frisch gesponnenem Garn. „Ich mag Schafwolle, sie riecht gut und meine Hände werden vom Wollfett ganz weich“, schwärmt sie. Die Kunst beim Spinnen ist es, das Pedal gleichmäßig zu treten und dabei die Fasern der Wolle so auseinanderzuziehen, dass ein gleichmäßiger Faden entsteht. „Am Anfang ist das gar nicht so einfach. Aber mit etwas Übung gelingt es“, sagt Kronreif lächelnd. Sie hält nur kurz inne. Dann nimmt sie eine weitere leere Spindel und hellbraunes Vlies aus dem Korb. Bald darauf surrt das Rad wieder und im Handumdrehen ist die Spule mit feinem Garn gefüllt. Danach dreht sie zwei feine Garne zu einem Faden zusammen, und schon ist die melierte Wolle fertig.

Maria Kronreif spinnt und ihre Freundinnen stricken aus der Wolle dann Hauben, Fäustlinge und Handschuhe.
„Das Zusammendrehen ist wichtig, damit der Faden nicht reißt“, erklärt Kronreif. Aus der Wolle stricken ihre Freundinnen Hauben, Handschuhe und Fäustlinge. Diese werden bei Bauernherbstfesten und vor Weihnachten in Abtenau und Rußbach verkauft. Den Reinerlös spendet die Tennengauerin ihrer Schwester – der Halleiner Missionsschwester Klara, die in Santa Cruz in Bolivien ein Heim für Straßenkinder leitet. Da Schwester Klara kaum staatliche Hilfe bekommt, benötigt sie dringend jeden Cent, um Brot, Schulkleidung und Medikamente kaufen zu können.
Maria Kronreif möchte Schwester Klara unterstützen und die Kunst des Spinnens weitergeben. Unter der Telefonnummer +43 664 787 2507 kann mit ihr ein Termin vereinbart werden. Auch warme Socken, Fäustlinge und Hauben kann man bei ihr kaufen.
MEIN HANDWERK VON CHRISTINE FRÖSCHL
Bildnachweis: BILDER: SN/CHRISTINE FRÖSCHL